Energiewende – aber richtig: “Im Fokus” des Statistischen Bundesamts unterstreicht Aussagen des WuG-Beitrags “Vision und Menetekel” des VW-Skandals
Energiewende - aber richtig - 28-10-2015

Im Fokus” des Statistischen Bundesamts ist heute unter der Überschrift “Leistungsstarke Autos bremsen Erfolge beim Umweltschutz” zu lesen: “In der Diskussion um manipulierte Abgas­werte in der Auto­industrie lohnt sich auch ein Blick auf die öko­logische Bilanz der Pkw-Nutzung der privaten Haus­halte. Bei diesen Pkw sind seit 2010 weder der Kraft­stoff­verbrauch noch die CO2-Emissionen gesunken. Ein Grund dafür ist, dass die Anzahl leistungs­starker, diesel­betriebener Fahr­zeuge deutlich zuge­nommen hat”. WuG hatte in einem Beitrag vor genau einer Woche problematisiert:

“Die bisherige Motorentwicklung war und ist einfach ausgereizt. Gewiss, hier und da lässt sich noch an einer Stellschraube drehen. Aber wirklich groß etwas herauszuholen ist da nicht mehr. Und deswegen ist es nur konsequent, durchaus menschlich, allzu menschlich, dass in einem auf Gewinnmaximierung und Markteroberung ausgelegten System, auch Marktwirtschaft oder Kapitalismus genannt, zuerst der bequemere und billigere Weg des Manipulierens gesucht wird, anstatt eine neue, noch nicht durch Massenproduktion verbilligte, rentable Technologie voranzutreiben und am Markt zu etablieren und nicht zuletzt damit in Konkurrenz zur bisherigen Technologie zu treten. Daraus ergibt sich zweierlei: Vision und Menetekel.”

Zwar attestiert das Statistische Bundesamt, dass die Autohersteller “immer kleinere und leichtere Motoren (Stichwort: Downsizing) entwickeln und stetige Fortschritte bei der Verbrauchsoptimierung erzielen”; die höhere Motorleistung und ein steigender Komfort verhinderten aber weitere Senkungen beim Kraftstoffverbrauch und bei den CO2-Emissionen. Das Fazit des Statistischen Bundesamts: “Hält der Trend zu stärker motorisierten Fahrzeugen an und wird nicht durch gegenläufige Einflüsse, wie beispielsweise weitere Fortschritte bei der Verbrauchsreduktion, kompensiert, dann ist für die Zukunft wieder mit einem spürbaren Anstieg des Kraftstoffverbrauchs und – als Folge davon – der CO2-Emissionen durch die Pkw der privaten Haushalte zu rechnen.” Das Statistische Bundesamt konkretisiert diesen Befund:

“Für die steigende Motorleistung der Fahrzeuge quer durch alle Segmente gibt es vielerlei Gründe: So haben die Kunden immer höhere Anforderungen an die Sicherheits- und Komfortausstattung oder das Platzangebot der Fahrzeuge. Allradantrieb, die Wahl von Automatik- oder Doppelkupplungsgetriebe sowie der Trend zu großen Felgen und breiten Reifen tragen dazu bei, dass die Fahrzeuge insgesamt an Größe, Höhe, Gewicht und Luftwiderstand zunehmen und deshalb eine stärkere Motorisierung benötigen, um die entsprechende Leistung zu bringen. In Folge dieser Entwicklung lag der Anteil der Fahrzeuge mit über 100 kW Leistung an allen Fahrzeugen der privaten Haushalte im Jahr 2013 bei gut 27 %, 2005 waren es erst knapp 15 % gewesen.

Auch der demografische Wandel macht sich hier bemerkbar. Die älter werdende Autokäuferschaft möchte vor allem bequeme Autos fahren. Dazu gehört auch eine höhere Sitzposition, die einen besseren Überblick über das Straßengeschehen bietet. All diese Vorteile scheinen in den Augen der Autokäufer vor allem die so genannten SUV-Fahrzeuge (Sport Utility Vehicle) zu bieten. Deren Anteil an den Neuzulassungen ist seit einigen Jahren sprunghaft angestiegen: Hatten diese Fahrzeuge 2005 noch einen Marktanteil von knapp 6 % (knapp 200 000 der Neuzulassungen), so waren es 2014 bereits mehr als 17 % (fast 530 000 Fahrzeuge).”

Damit die Industrie diesen Anforderungen entsprechen kann, ohne den Schadstoffausstoß zu erhöhen, erscheint der Wechsel zu grundlegend neuen Technologien, wie die des Elektromotors, unabdingbar. Und selbst wenn man den vom Statistischen Bundesamt skizzierten, gestiegenen Komfort selbst in Frage stellt und für übertrieben hält, werden sich substanzielle Verbesserungen beim Schadstoffausstoß voraussichtlich nur durch jene neuen Technologien verwirklichen lassen. Stattdessen aber schreitet nach den Ergebnissen des Statistischen Bundesamts “die Verdieselung der PKW-Flotte” voran. Damit schwingt das Pendel weiter in Richtung Menetekel und nicht in Richtung Vision.

Dass eine entsprechende Energiewende beschleunigt oder überhaupt umgesetzt wird, könnte auch wirtschafts- und energiepolitisch gefördert werden. Ein entsprechendes Konzept des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ist jedoch nicht bekannt. Nicht einmal zu einem wichtigen, vergleichsweise einfachen Anreiz für den Bau geringerer Motorenleistung wie der durchgehenden Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen auf 130 Stundenkilometer kann sich die Bundesregierung durchringen. Eine wirksame Förderung neuer Antriebstechnologien für PKWs würde deutlich höhere Anforderungen an den Gesetzgeber stellen. Entsprechende Visionen scheinen aber nicht nur in der Autoindustrie zu fehlen, sondern auch in der Politik.


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